In meiner erzgebirgischen Heimat sangen wir in der Jungen Gemeinde einst gern und viel. Einer unserer Lieblingskanons war die Vertonung von Römer 12, 12. Im Text der Guten Nachricht lautet das: „Freuet euch, weil ihr eine so große Hoffnung habt. Seid standhaft in allen Schwierigkeiten. Werdet nicht müde im Beten.“ Martin Luther übersetzt: Haltet an am Gebet!
Für mich sind das drei wichtige Anstöße für das Gebet, das im Neuen Testament als Kennzeichen der Christen zu verstehen ist. Ob es noch heute so ist, wage ich nicht mit Sicherheit zu sagen, kann es höchstens hoffen. Gebete können vom Äußeren her und erst recht nach ihrem Inhalt ganz verschieden sein. Mir sind Gebete vertraut und auch sehr hilfreich, die sozusagen vorformuliert sind. Ich denke an das Vaterunser oder auch an Tisch- und Kindergebete. Aber auch frei formuliert kann und mag ich beten. Ein Ruf zu Gott kann laut oder still, allein oder in einer Gruppe geschehen. Und alles, was bewegt, kann zur Sprache kommen. So habe ich das immer gesehen und selbst gehalten.
Ich vermute: Meist tragen Menschen Gott ihre Bitten vor. Aber Dank und Lob brauchen auch Platz in unseren Gebeten, auch die Anbetung des Herrn und Schöpfers der Welt und der Menschen. Und genauso wiederum müssen wir Empörung und Ärger über uns oft unverständliche Wege Gottes nicht zurückhalten. Die Welt des Gebets ist keine andere als die, in der wir leben.
Wie gesagt: Meist ist Gebet wohl zugleich Bitte. Wir tragen unsere Wünsche vor und rechnen dabei eigentlich immer mit Erfüllung. Ich glaube fest: Wir dürfen uns sicher sein, dass Gott uns immer hört. Wir aber erhoffen uns auch postwendend die Antwort. Da Gott aber nicht so verfährt, soweit ich weiß, sehen Menschen sich ebenso schnell darin bestätigt, dass es keinen Gott gibt. Ich glaube aber doch
an ihn.
Unser Herr Jesus Christus macht uns immer wieder deutlich, dass Gott unser Beten hört. Er lässt sich bitten, er lässt sich auch erweichen. Jedoch lässt er sich von uns nicht vorschreiben, wie seine Hilfe aussieht. Sehr oft geschieht es
ja ganz anderes, als was Menschen sich vorgestellt und sich von ihm erbeten haben. Er weiß, was uns gut tut und richtig für uns ist. Davon bin ich überzeugt.
Grundvoraussetzung für ein Gebet ist natürlich der Glaube an Gott, an seine Allmacht und seine Liebe zu uns Menschen. So wie Kinder aber enttäuscht sind, wenn die Eltern nicht auf ihre Wünsche eingehen, aus welchen Gründen auch immer, so können auch Betende und Hoffende enttäuscht sein. Wenn die Eltern Wünsche nicht erfüllen, dann vielleicht auch, weil sie als Erwachsene einen anderen Durchblick haben und aus der Liebe zu ihrem Kind heraus handeln. So mag auch Gott wissen, was zu tun ist.
Wie gesagt: Er hört unser Gebet zu jeder Zeit. Doch die Erfüllung lässt oft lange auf sich warten oder bleibt auch ganz aus. Das weckt Zweifel und entmutigt. Ich kenne das. Aber Gott hat uns lieb, jeden einzelnen. Und es wäre hilfreich, wir würden uns das öfter sagen und fest darauf vertrauen. Er hört unser Gebet und nimmt es auf. Unsere Bitten allerdings werden sich immer so erfüllen, wie es in seinem Plan beschlossen ist. Und wenn etwas für mich viel zu groß ist und viel zu weit reicht, so verlasse ich mich umso mehr darauf.
Und so gehört auch das Danken für mich fest zum Beten. Albert Schweitzer hat einmal gesagt: „Beten können heißt zuerst danken können. Aber gar viele kommen nie in die richtige Gebetsgemeinschaft mit ihm, weil sie nicht mit Danken anfangen.“ Mit Danken hat das große Wirken dieses Theologen und Arztes begonnen.
Und noch eines vergessen wir oft: die Anbetung Gottes als Herr, Schöpfer und Erhalter der Welt, der Menschen und seiner Erde. Das Gebet ist letztlich ein Gespräch mit Gott, unserem Vater, bei dem alles gesagt werden darf, was Menschen umtreibt und bewegt. Es ist weder an einen Ort noch an eine Zeit gebunden. Schon die Alten sagten: „Ora et labora“ (Bete und arbeite!). Das heißt doch: Bete zu Gott, er wird bei dir sein.
Eva von Dosky
Pfarrerin i. R.
„Herr, du hast uns geschaffen, und unser Herz ist unruhig, bis es Ruhe findet in dir. Dein ist das Licht des Tages. Dein ist das Dunkel der Nacht. Das Leben ist dein und der Tod. Ich selbst bin dein und bete dich an. Lass mich ruhen in Frieden, segne den kommenden Tag und lass mich erwachen, dich zu rühmen. Amen.“
Aus: Ev. Gesangbuch, Ausgabe für Bayern und Thüringen, 843.3
war eine der ersten Theologinnen, die in der Landeskirche ordiniert wurden. Nach dem Gemeindepfarramt in Borna war sie Landesbeauftragte für die offene Arbeit mit behinderten Menschen. Sie gehört zur Philippus-Gemeinde Gorbitz.
Impuls von Jörn Bohn
(Offenbarung 22, 13)
Schritt für Schritt mit Gott
Zeit um neue Kraft zu tanken
Von Pfarrer Weirauch vorgestellt
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500 JAHRE REFORMATION
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