Sommerzeit ist Urlaubszeit, liebe Leserinnen und Leser. Viele nutzen ihre Urlaubszeit, um unterwegs zu sein. Stiefel werden geschnürt, Fahrräder gecheckt, Autos bepackt und auch Flüge gebucht. Tapetenwechsel und neue Erlebnisse, vielleicht auch neue Begegnungen werden gesucht. Aber auch, wer nicht in die Ferne schweift oder wer mit seinem Wirken den Betrieb am Laufen hält, während viele Menschen freie Tage machen, ist täglich unterwegs: hin zur Arbeit, mit dem Traktor auf dem Feld, zum Einkaufen oder auch nur in der Wohnung. Selbst Menschen, die krank sind oder ans Bett gefesselt, können noch immer in Gedanken unterwegs sein.
Dann geschieht oft, dass sie in ihrer Erinnerung nachvollziehen, was zur gleichen Zeit andere unmittelbar erleben: eindrückliche Gebäude tauchen vor den Augen auf; man empfindet die wohltuende Stille eines Kirchenraumes; Klänge und Düfte stellen sich ein. Oder man sieht sich am Meer sitzend, hört das gleichmäßige Branden der Wellen und schaut in die Ferne. Vielleicht aber weiß man sich auch umgeben von lichtdurchflutetem Wald, spürt unter den nackten Füßen das kühle Gras oder steht nach beschwerlichem Weg über felsigen Grund auf dem Gipfel eines Berges und atmet die Weite. Schön ist es dann, wenn jemand da ist, mit dem man das Empfinden und die eigenen Gedanken teilen kann. Das mag auch symbolische Bedeutung gewinnen, wenn man auf gegangene Wege zurückblickt. Das Unterwegssein wird zum Lebensweg, Ereignissen wie hohe runde Geburtstage, Hochzeiten oder Ehejubiläen werden zu Gipfelpunkten. Und wieder: Schön ist es, wenn wir nicht allein sind auf unserem Lebensweg. Und gut ist es, wenn wir nicht allein sind auf unserem Glaubensweg.
In unserem Kirchspiel gibt es in diesen Wochen manche solcher Ereignisse, bei denen sich Lebenswege und Glaubenswege kreuzen. Wir feiern Jubelkonfirmation, Gottesdienste zum Schulanfang oder fahren mit den neuen Konfis zur Start-up-Rüstzeit. Wir machen uns mit dem Kirchspielfest und den von Gemeinde zu Gemeinde wandernden Sommermusiken bewusst, dass wir auf dem Weg des Glaubens gemeinsam unterwegs sind. In besonderer Weise war das beim Ökumenischen Wander-Sonntag Ende Mai der Fall. Auch die Sommergottesdienste, die aufgrund der Urlaubszeit nicht in jedem Kirchengebäude stattfinden können, laden ein, einander zu besuchen und uns als „eins“ zu verstehen.
Aus dem Gedanken, dass wir als Christenmenschen gemeinsam unterwegs sind, hat sich der Begriff des „wandernden Gottesvolkes“ gebildet. Ursprünglich geht dieser Ausdruck auf den Kirchenvater Augustinus zurück. Ausgehend von dem Weg des Volkes Israel ins gelobte Land verwendet er dieses Bild auch als Bild für die Kirche: Christen sind herausgerufen aus der Knechtschaft der Sünde auf den Weg zum ewigen Leben in Freiheit im Reich Gottes. Vielfache Gefährdungen, manche Irrwege, Entbehrungen und Rückschläge nehmen Glaubende auf diesem Weg in Kauf. Das entdecken wir auch bei den Leitfiguren, die uns in der Bibel vorgestellt werden. Abraham verzichtet auf die fruchtbaren Weidegründe und wird darin gesegnet. Jakob strebt mit allen Mitteln um Gottes Segen, und kann am Ende dann gesegnet und mit seinem Bruder versöhnt sterben. Maria stellt sich gegen alle Etikette Gott zur Verfügung und wird zur Mutter Jesu.
Im Neuen Testament können wir auch lesen, wie Jesus seine Jünger aussendet – ohne Geldbeutel, ohne Taschen und ohne Schuhe. Dann fragt er (Lk 22,35): „Habt ihr auch je Mangel gehabt?“ Sie antworten darauf: „Niemals!“ - und bezeugen somit die Erfahrung, die auch wir heute noch machen können: Ein innerliches Erfüllt-Sein lässt äußeren Mangel als nachrangig empfinden. Dies allerdings stellt sich zu einem uns umgebenden materiell orientierten Umfeld auf krasse Weise quer. Wundert es da, wenn sich bei der Orientierung am „Haben“ so viel Unzufriedenheit im „Sein“ einstellt? Es bleibt also eine den Menschen begleitende Erfahrung, dass es bei dem Weg zum Leben auch Irrungen und Stolpern und Straucheln geben kann. Ein Mensch geht Umwege und gerät in Sackgassen – und vielleicht ist auch mal der Weg wie weggespült. Dann heißt es, sich neu zu orientieren, vor allem auch die Gemeinschaft suchen. Da kann man sich gegenseitig neu motivieren. In Gemeinschaft kann man Lasten, die einzelne zu tragen haben, besser aufteilen. In Gemeinschaft spürt man die Geborgenheit unter Weggefährten.
Ohne Frage: Auch eine Menge kann irren. Das haben wir in der deutschen Geschichte schmerzhaft erleben müssen. Aber wir sehen im Rückblick auch: In einer Gemeinschaft gibt es immer wieder Menschen, die warnen und mahnen und auf das verweisen, was von Gott her geboten ist. Der Weg in Gottes neue Welt kann nur gelingen, wenn Gott selbst bei uns ist. Und der Weg zu Frieden und Gerechtigkeit kann nur gelingen, wenn Jesus Christus, der Herr der Liebe, in unserer Mitte ist.
Darum gehört zum Bild des wandernden Gottesvolkes auch das Bild des mitgehenden Gottes.
Allein mit Gottes Hilfe erreicht die Lebenswanderung ihr Ziel. Zeichen dieser Begleitung ist das Abendmahl als „Sakrament des Weges“, wobei insbesondere das Wandelabendmahl hier den Akzent auf das „Unterwegssein“ setzt. Von Gott, dem Schöpfer, erhalten wir Kraft, auf dass wir nicht stehenbleiben. Von Christus erhalten wir die Chance, neu losgehen zu dürfen, von Gottes Geist der Gemeinschaft erhalten wir Weggefährten, mit denen wir das wandernde Gottesvolk bilden. Miteinander werden wir das Ziel erreichen – so ist es uns verheißen.
In herzlicher Verbundenheit grüßt Sie
Steffen Brock
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