"Es kam nun der Tag der Ungesäuerten Brote, an dem man das Passalamm opfern musste. Und er sandte Petrus und Johannes und sprach: Geht hin und bereitet uns das Passalamm, damit wir’s essen. Sie aber fragten ihn: Wo willst du, dass wir’s bereiten? Er sprach zu ihnen: Siehe, wenn ihr hineinkommt in die Stadt, wird euch ein Mensch begegnen, der trägt einen Wasserkrug; folgt ihm in das Haus, in das er hineingeht, und sagt zu dem Hausherrn: Der Meister lässt dir sagen: Wo ist die Herberge, in der ich das Passalamm essen kann mit meinen Jüngern? Und er wird euch einen großen Saal zeigen, schön ausgelegt; dort bereitet das Mahl. Sie gingen hin und fanden’s, wie er ihnen gesagt hatte, und bereiteten das Passalamm. Und als die Stunde kam, setzte er sich nieder und die Apostel mit ihm. Und er sprach zu ihnen: Mich hat herzlich verlangt, dies Passalamm mit euch zu essen, ehe ich leide." (Lukas 22, 7-15)
Das Pessachfest steht vor der Tür. Dort feiert man den Auszug aus Ägypten. Gott hat die Not seines Volkes gesehen und sein Weinen gehört. Nach so vielen Jahren der Traurigkeit fängt endlich eine neue Zeit an. Ein neues Kapitel. Man kann die schlimmen Tage hinter sich lassen.
Jesus hat für das Fest einen Raum organisiert. Dort will er mit seinen Freunden feiern. Freunde? Ja, Sie hören richtig. Sicher, die Jünger waren seine Schüler. Aber sie waren auch seine Freunde. Das waren keine Geschäftspartner und auch keine religiöse Drückerkolonne. Es waren Menschen, die er lieb hatte und Menschen, die ihn lieb hatten. Das sogenannte ‚Letzte Abendmahl‘ war keine Gründungsveranstaltung zur Einsetzung eines hochreligiösen Sakraments. Wir sehen hier einen Menschen, der einfach noch einmal mit seinen Leuten zusammen feiern möchte. Insbesondere, weil danach das Leiden ansteht. Verrat, Schmerz, Verachtung und am Ende ein grausamer Tod. Verständlich, oder? Ich denke, Jesus wollte Kraft in dieser Gemeinschaft auftanken, in seinem sozialen Netz.
Man hat sich dazu zu Tisch gelegt. Wir alle haben die Szene von Leonardo da Vincis Bild vom letzten Abendmahl vor Augen. Doch so war es nicht. Man lag zu Tische und aß zusammen das Sedermahl. Es bildet den Auftakt zu Pessach. Nun würde es zu weit führen, die einzelne Speiseabfolge genauer zu beschreiben. Dazu müsste man auch tiefer in die jüdische Kultur eintauchen. Man könnte jetzt auch auf die Liegehaltung zu Tisch näher eingehen. Sie erklärt, warum der eine Jünger gesagt bekommt, wer den Verrat verübt und derjenige, um den es geht, das nicht mitbekommt. Aber auch darum geht es jetzt nicht. Ich möchte auf ein Geheimnis eingehen.
Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass im gemeinsamen Essen ein Zauber liegt? Es stiftet wie von selbst Zusammensein und Vertrauen, ohne dass man das sofort bemerkt. Ohne, dass man irgendetwas dazu tun müsste. Es passiert einfach. Und es schmeckt. Also, zumindest im günstigen Fall. Kaum etwas stiftet mehr Geborgenheit, als eine gemeinsame Mahlzeit mit dem Herzen bei Gott. Und das feiert Jesus hier zusammen mit seinen Leuten. Wie heißt es so schön in Psalm 34, 9: Schmecket und sehet, wie freundlich der HERR ist. Wohl dem, der auf ihn trauet!
Nun sollen im Westen von Dresden Kirchgemeinden zusammenwachsen. Daran sind Organisationsformen beteiligt, Kirchenvorstände und Gremien. Man macht Pläne und zerbricht sich den Kopf über so manches ungelegte Ei. Doch wird man damit echte Gemeinschaft erzeugen?
Gemeinsam mit meiner Partnerin besuche ich immer wieder eine neu entstandene jüdische Gemeinde in der Dresdner Neustadt. Wir waren dort zu Chanukka, zum Schabbat und haben uns auch zum Sederabend angemeldet. Was zieht uns dort hin? Ja, sicher auch das Interesse am jüdischen Leben und an jüdischer Kultur. Was mich aber am meisten dort begeistert, ist das Erleben einer echten Gemeinschaft. Dort kommen die verschiedensten Menschen zusammen. Juden, Christen und vielleicht auch Atheisten. Es spielt keine Rolle. Alte Menschen sind dort und junge. Menschen aus Dresden, Amerika und Israel. Vielleicht auch von überall her. Ich weiß es nicht mal. Es spielt auch keine Rolle. Wir erzählen uns davon, was schön war in letzter Zeit. In Englisch und Deutsch. Wir essen zusammen und trinken zusammen. Es gibt dort Leute mit viel Geld, Leute mit wenig. Das vermute ich jedenfalls, aber ich weiß es nicht. Man ist politisch konservativ oder links. Nichts davon trennt uns. Es ist tatsächlich nicht von Belang. So kommt es mir jedenfalls vor, und es macht mich glücklich. Gemeinsam sprechen wir den Kiddusch. Zumindest das, was wir davon können und verstehen. Manchmal verstehe ich allenfalls das Wort Adonai. Ich weiß, dass damit Gott gemeint ist. Im Herzen fühle ich mich dann bei ihm, unserem Gott, geborgen.
Mir ist dort nochmal bewusst geworden, was eine religiöse Gemeinschaft wirklich braucht. Und dabei ist es völlig egal ob jüdisch oder christlich. Wenn man zusammenkommt, sein Leben teilt, den anderen so annimmt wie er ist und dabei mit Gott in Berührung kommt, dann läuft das Wichtigste richtig. Gott liebhaben und meinen Mitmenschen liebhaben und in seiner Andersartigkeit annehmen. Darum geht´s. Wie sagt der Apostel Paulus im 1. Korinther 13: „Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle. Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, sodass ich Berge versetzen könnte, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts.“
Wenn wir also wollen, dass unsere Gemeinden zusammenwachsen, dann nützt uns kein Gremium, kein Ausschuss, kein Projekt. Eine Orgel ist zweitrangig und die Liturgie ebenfalls. Selbst eine gute Predigt, das Heiligtum der Lutheraner, spielt keine große Rolle. Was wir brauchen ist echte Gemeinschaft, keine aufgesetzte ‚christliche Freundlichkeit‘. Wir brauchen die Begegnung als Menschen, ohne Vorurteile und mit viel Offenheit. Einander zuhören. Echt und ehrlich. Die Begegnung mit Gott und gemeinsame Mahlzeiten. Ich glaube, eigentlich ist das alles ganz einfach. All die Pläne sind sicher notwendig. Auch all die Ausschüsse und Gremien. Aber das Eigentliche findet sich zwischen uns. Und Gott selbst in der Mitte.
Jörn Bohn
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