„Ich glaube, dass Aufhören schwerer als Anfangen ist“

Vorstellung Pfarrer Diethelm Eckhardt

Steckbrief:

  • Name: Diethelm Eckhardt
  • Geburtsjahr: 1969
  • Geburtsort: Glauchau
  • Familienstand: verheiratet
  • Kinder: fünf erwachsene Kinder. Profession: gelernter Tischler, in Oppach als Tischler gearbeitet, Pfarrer
  • Studium in: Leipzig und Berlin
  • Eintritt in den Pfarrdienst: 2001
  • Erste Pfarrstelle: in Pockau
  • Bisherige Pfarrstellen: Pockau (11 Jahre), Schlettau (11 Jahre), Vertretungsdienste u.a. in Zöblitz, Pobershau, Lauterbach, Wolkenstein, Lengefeld, Forchheim, Crottendorf

Zwei Jahre haben wir gewartet. Nun können wir uns im Kirchspiel, aber vor allem in Frieden und Hoffnung freuen, denn die vakante Pfarrstelle wird wieder besetzt. Voraussichtlich im September tritt Pfarrer Diethelm Eckhardt bei uns seinen Dienst an. Aus dem Erzgebirge zieht es ihn an die Elbe. Für ihn ist Stadtgemeinde, wie er selbst sagt, Neuland. Wir hatten die Gelegenheit, vorab mit ihm zu sprechen.

Was treibt Sie an?

Gelebten Glauben zu erleben bei unterschiedlichen Menschen. Für mich in meiner Geschichte sind Menschen mit ihrem Glauben prägend gewesen. Ich freue mich immer, wenn ich höre und erlebe, dass Dinge, die ich versuche weiterzugeben und weiterzutragen, auch für andere ein Stück wegweisend, prägend sind.

Wo fühlen Sie sich zu Hause?

Zuhause ist dort (und das hängt natürlich mit den vielen Umzügen in meiner Lebenszeit zusammen), wo Menschen vertraut sind – also in erster Linie bei meiner Frau. Es ist also unabhängig vom Ort bzw. der Stadt, wo man lebt. Man kann sein Zuhause somit auch andererorts einrichten.

Welche Musik hat Sie jüngst berührt?

Schwierig. Was mich geprägt hat: Mein Vater liebt Johann Sebastian Bach über alles; sonntags eine Bach-Kantate gehörte dazu. Die Musik Bachs prägt und erfreut mich bis heute, und ich musiziere sie sehr gern mit. Darüber hinaus finde ich es spannend, in neuere Musik hineinzuhorchen, hineinzusteigen. Manches aus dem Rock/Pop habe ich schätzen gelernt und entdeckt und manches empfinde ich als flach. – Das geht mir auch bei diverser Kirchen- und Anbetungsmusik so, die ist auch manchmal ein bisschen flach. Aber einige Titel empfinde ich als sehr tiefgehend. Insofern bin ich eigentlich offen, für viele Stile. Womit ich schwer kann, ist Hardrock und Metal. Das ist nicht so mein Ding. Wo ich mich mit meiner Frau immer wieder gut zusammenfinde, ist ABBA. Das können wir zu jeder Tages- und Nachtzeit immer wieder hören.

Welches Buch hat Sie zuletzt
bewegt?

Also, bewegt haben mich mehrere Bücher. Zuletzt gelesen habe ich „Dichter, Denker, Direktoren“ von Ekkehard Vollbach (ehem. Superintendent im Kirchenbezirk Borna). Erzählt wird dort von Menschen, die jüdischen Ursprungs sind und die sehr prägend waren für Sachsen und Deutschland und die Geschichte insgesamt. Es handelt von Menschen, die Dinge in Bewegung gesetzt und verändert haben, über die ich nie nachgedacht habe: Levi Strauß, Jeans, zum Beispiel; Mendelssohn, die ganze Familie: Moses Mendelssohn als Philosoph, sein Sohn, der dann ein berühmter Komponist geworden ist, und viele andere.

Wie beginnt Ihr Tag?

Mit aufstehen. … lacht … Ja, aufstehen, die kleinen Miniandachten am Frühstückstisch und Frühstück. Dann kommt es sehr darauf an, was an dem Tag gerade anliegt. Es gibt Tage, an denen ist der erste Weg in die Kanzlei, weil Dinge dort zu erledigen und zu klären sind. An anderen geht man zuerst an den Schreibtisch, weil dort noch Dinge fertig zu bringen sind. Oder man ist unterwegs, weil irgendwo eine Veranstaltung ist, ein Besuch anliegt, oder etwas Ähnliches.
Nehmen Sie das Frühstück
gemeinsam mit Ihrer Frau ein?
Meine Frau ist berufstätig, und je nachdem, wie ihr Dienstbeginn ist, frühstücken wir gemeinsam und lesen da auch die Losung gemeinsam.

Was ist schwerer: Anfangen
oder Aufhören?

Es hat beides schwere Akzente. Aber ich glaube, dass das Aufhören das Schwerere ist. Das merken wir sehr deutlich in der Gemeindearbeit, an einigen Stellen. Man hat Dinge einmal begonnen, die nach der dritten Wiederholung, zu einer „ewigen Tradition“ geworden sind. Auch wenn man spürt, es wird nicht mehr so wie beim ersten Mal, ist es, glaube ich, nicht einfach, einen guten Schlusspunkt zu setzen. Besonders nicht für Gemeindekreise, die sich nicht nur zahlenmäßig, sondern manchmal auch inhaltlich überlebt haben, zu sagen: Lass es uns beenden. Und manchmal ist vielleicht auch so ein Dienstortwechsel ein Punkt, wo das passiert.

Gibt es einen Bibelvers oder ein
Zitat, der/das Sie dauerhaft
begleitet?

Ja, mein Taufspruch. Nach meiner Konfirmation haben mir meine Eltern die Taufunterlagen gegeben und ich habe diesen Spruch entdeckt und für mich immer wieder entdeckt.
Psalm 86, 11: „Weise mir, Herr, deine Wege, dass ich wandle in deiner Wahrheit. Erhalte mein Herz bei dem Einen, dass ich deinen Namen fürchte.“

Was ist das Zentrum Ihres
Glaubens oder Ihrer Theologie?

Das Zentrum meines Glaubens ist das Bekenntnis zu Jesus Christus, der Gottes Sohn und Mensch ist. Er ist uns ganz nah, empfindet alles, spürt, weiß was menschlich ist. Und doch ist er der Sohn Gottes, der uns den Weg zum Göttlichen öffnet. Manches, was schwer vorstellbar ist, erkläre ich mir im Wirken des Geistes Gottes. Letztendlich die Dreieinigkeit, die uns hält und trägt, aber die in Jesus Christus am meisten deutlich wird. Das ist der Kern. Ich bin in einem pietistischen Gemeindeumfeld groß geworden, das ich zu schätzen weiß. Wo ich aber auch manchmal eine Enge bei gewissen Ausdrücken gespürt habe. Für mich war ein Aha-Effekt, wie unterschiedlich akzentuiert Glaube sein kann, als wir Ende der achtziger Jahre beim Landesjugendkonvent mit Jugendlichen aus dem Raum Leipzig zusammenkamen. Für sie war Ökologie etwas so Grundlegendes und ich spürte, dass dort Glaube nochmal eine ganz andere Brisanz hat. Weniger in der Bibelarbeit, sondern wie man Glauben in den aktuellen Herausforderungen leben kann.

Welche Themen sind Ihnen
besonders wichtig?

Verständnis untereinander. Verständigung. Einander in seiner Lebenswelt und Lebenshaltung als Mensch –
und speziell für die Gemeinde auch als Christ – zu akzeptieren. Danach zu schauen, was kann ich auch von dieser Lebenserfahrung, Lebenshaltung lernen und entdecken.

Was war die kurioseste
Situation in Ihrem bisherigen
Tun als Pfarrer?

Kurios war es sicherlich schon, dass ich in der Anfangszeit in Pockau zur Feuerwehr gegangen bin und die mich eingeladen haben, ihr Feuerwehrauto zu fahren. Wir hatten dann auch gemeinsame Festumzüge … lacht … – da gibt es auch ein Bild, wo Feuerwehrleute mit ihren Uniformen aus verschiedenen Zeiten und auch Pfarrer in historischer Uniform gemeinsam stehen und miteinander klönen und quatschen. Zum Bier trinken habe ich den Talar dann ausgezogen. Für viele war das damals kurios, für mich auch. Aber inzwischen ist es relative Normalität, dass man sich miteinander begegnet und auch miteinander ein Bier trinkt und quatscht über Gott und die Welt. Und oftmals mehr über die Welt, als über Gott. Aber sie wissen, dass sie auch mit diesen Fragen bei mir Willkommen sind.

Was haben Sie für einen
Wunsch an Ihre neue Stelle?

Ich wünsche mir viele offene Begegnungen, die ein gutes Gespräch mitein-ander ermöglichen. Und ich wünsche mir eine kollegiale Zusammenarbeit unter Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, egal mit wie viel Prozent oder in welchem Bereich sie angestellt sind, ob haupt- oder ehrenamtlich.

Das Interview führte
Conrad Jenschke.

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