Mariä Lichtmess und der Lobgesang des Simeon

Am 2. Februar ist „Mariä Lichtmess“, oder auch „Tag der Darstellung Jesu im Tempel“. Für protestantische Christen hat dieser eigentlich katholische Feiertag oft keine so große Bedeutung. Trotzdem ist dieser Tag in verschiedener Hinsicht besonders.

Als historischer Ursprung dieses Feiertages gilt wohl eine heidnische Sühneprozession, die alle fünf Jahre in Rom stattfand. Dieser Brauch wurde anscheinend vom Christentum übernommen. Der Evangelist Lukas berichtet von einer Lichterprozession, die Mönche aus Jerusalem zu Jesus erstem Besuch in der Stadt vollzogen. So kommt an diesem Tag noch einmal die weihnachtliche Lichtsymbolik zur Geltung. In der katholischen Kirche werden deshalb zu „Lichtmess“ traditionell Kerzen gesegnet.

40 Tage nach Weihnachten symbolisiert „Mariä Lichtmess“ zudem das Ende der Weihnachtszeit. Nach jüdischem Brauchtum galt eine Frau 40 Tage nach der Geburt eines Sohnes als „unrein“ und musste nach dieser Zeit ein Reinigungsopfer in den Tempel bringen. Außerdem sollte der erstgeborene Junge nach damaligem Verständnis innerhalb einer bestimmten Frist als „Eigentum Gottes“ im Tempel symbolisch übergeben („dargestellt“) werden. Maria ging also an diesem Tag mit ihrem neugeborenen Jesus erstmals in den Tempel. Dort begegnete sie dem Propheten Simeon. Gemeinsam mit der ebenfalls anwesenden Prophetin Hanna erkennt Simeon in dem Kind den verheißenen Messias, auf den er so lange gewartet hat. Er nimmt Jesus in den Arm, preist und lobt ihn. Der als „Greis“ beschriebene Simeon sieht die Verheißung erfüllt, wonach er nicht eher sterben sollte, bevor seine Augen den Heiland gesehen haben. Seine Worte sind als „Lobgesang des Simeon“ (im lateinischen Original: „Nunc dimittis“) überliefert und bilden mit dem „Magnificat“ und dem „Benedictus“ die drei Lobgesänge im Lukasevangelium. Die Übersetzung des „Nunc dimittis“ ist hier nachzulesen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Nunc_dimittis

Der „Lobgesang des Simeon“ hat viele Komponisten zu eigenen Vertonungen inspiriert. Im Evangelischen Gesangbuch beispielsweise findet sich neben dem Lutherchoral „Mit Fried und Freud fahr ich dahin“ (Nr. 519) auch das Lied „Im Frieden dein, o Herre mein“ (Nr. 222). Der Text stammt ursprünglich von dem Reformator Johannes Anglicus und wurde von Friedrich Spitta 1898 überarbeitet. Text und Melodie dieses Liedes finden sich hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Im_Frieden_dein,_o_Herre_mein

Heinrich Schütz (1585-1672) hat den „Lobgesang des Simeon“ in der Übersetzung Martin Luthers gleich mehrfach vertont. Eine davon singt in der folgenden Aufnahme das Ensemble „Vox Luminis“ unter der Leitung von Lionel Meunier:
https://youtu.be/yrunUPWpIKY

Von dem Komponisten Johannes Eccard (1553-1611) stammt die sechsstimmige Motette „Maria wallt zum Heiligtum“, in der er das biblische Geschehen am 2. Februar in Töne gesetzt hat. Hier singen die Regensburger Domspatzen, die Leitung hat Roland Büchner:
https://youtu.be/4MoVDFTc9_Y

Auch in neuerer Zeit gibt es Beispiele für Vertonungen dieses Lobgesangs. Ein beeindruckendes Klangerlebnis hat der estnische Komponist Arvo Pärt geschaffen. Seine Vertonung des „Nunc dimittis“ singt in der folgenden Aufnahme das SWR Vokalensemble unter der Leitung von Marcus Creed:
https://youtu.be/uBFUW16V5wk

Neben diesem religiösen Hintergrund hat „Mariä Lichtmess“ übrigens auch noch eine ganz andere Bedeutung: Es markierte lange Zeit den Beginn des Bauernjahres. Für Knechte und Mägde war der 2. Februar von großer Bedeutung, denn es entschied sich, ob sie für ein weiteres Jahr beim selben Dienstherrn beschäftigt wurden. Auch gibt es zahlreiche Bauernregeln für diesen Tag, die allesamt mildes und sonniges Wetter für einen längeren Winter verantwortlich machen. Eine davon lautet so:

 

„Wenn‘s zu Lichtmess stürmt und schneit,
ist der Frühling nicht mehr weit;
ist es aber klar und hell,
kommt der Lenz wohl nicht so schnell.“

 

Viele Grüße

Kantor Gerd Heubaum

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